Von Wilhelm von Dewitz (2017)
Über viele Jahrzehnte galt der Uhu im Rhein-Erft-Kreis und in Nachbargebieten als ausgestorben. Durch die Freisetzung von Junguhus in verschiedenen Bereichen Westdeutschlands und strenge Schutzmaßnahmen konnte der Uhu wieder angesiedelt werden, so dass im Rhein-Erft-Kreis im Jahre 2016 mit 10-12 Brutpaaren gerechnet werden kann. Diese brüten fast ausschließlich ebenerdig in oder am Rande von Kiesgruben. Nur eine Baumbrut wurde in einem vorjährigen Habichthorst gefunden.
Die Firma „Esser Sand- und Kiesgruben GmbH und Co. KG“ betreibt im Rhein-Erft-Kreis zwei Kiesgruben, eine bei Friesheim und eine bei Brühl, in denen jeweils ein Uhupaar seit einigen Jahren brütet. Über die Brühler Grube soll hier berichtet werden.
In dieser Grube wurde erstmals 2012 eine Brut unter einem Gebüsch am oberen Grubenrand festgestellt, nachdem ein Mitarbeiter von einem in der Morgendämmerung gesehenen Uhu berichtet hatte. Die Brut war erfolgreich, drei Jungvögel flogen aus. Im Jahre 2013 wurde der Uhu mehrmals gesehen, ein Brutplatz konnte aber nicht gefunden werden. Da Uhus als sehr ortstreu gelten, wurde in den Folgejahren weiter beobachtet. Im März/April 2014 saß der Uhu auf einer Nestmulde in einer trockenen Wasserrinne aus Stahlblech, die außen um den oberen Rand eines Silobehälters verläuft. Die U-förmige Wasserrinne ist 40 cm breit und 40 cm tief. Ein Problem war nun, dass die Silos täglich 1-2 mal auf ihre Funktionsfähigkeit geprüft werden müssen. Dazu musste ein Mitarbeiter im Abstand von 2 Meter am Brutplatz vorbeigehen. Diese Störung veranlasste den Uhu zum Abflug, er kam aber meistens nach einer halben Stunde wieder auf das Nest zurück. Die Ende April frischgeschlüpften Nestlinge verschwanden jeweils noch in der ersten Nacht. Im Jahre 2015 wollte der Uhu wieder in der Wasserrinne brüten. Die gelegten Eier wurden auf Anraten von Ornithologen entnommen, um den Uhu zu dem neu angelegten Ersatz-Nistplatz in einer rekultivierten Böschung zu verleiten. Dieser wurde aber nicht angenommen.
Im Jahre 2016 bezog der Uhu wieder den Nistplatz in der Wasserrinne. Wieder musste der funktionierende Betrieb gewährleistet sein und derselbe Mitarbeiter am brütenden Uhu vorbeigehen, was er gleichmäßigen Schrittes tat. Es klingt unglaublich, aber der Uhu akzeptierte den Mitarbeiter, fühlte sich von ihm bei leiser Ansprache nicht gestört und blieb auf dem Gelege sitzen. Am 29.April schlüpften aus dem Vierer-Gelege zunächst zwei weiße Nestlinge und ein Dritter als Nesthäkchen wenige Tage später. Am 18. Mai wurden die Junguhus beringt und flogen Ende Juni aus.
Kiesgrubenbesitzer, deren Mitarbeiter und die beteiligten Ornithologen haben das Brutgeschehen mit großer Anteilnahme verfolgt und sind nun auf das nächste Jahr gespannt. Bleibt noch anzufügen, dass schon in den Jahren 1978 und 1979 ein Steinkauzpaar in der selben Siloanlage, unmittelbar neben einer geräuschintensiven Brecheranlage gebrütet hat. Schließlich hat 2015 ein Turmfalkenpaar in einem horizontalen Stahlrohr der Siloanlage gebrütet. Es zeigt sich, dass Kiesgruben mit ihren technischen Einrichtungen für mehrere Vogelarten ein interessanter Lebensraum sind.